Langeweile ertragen
Sie kommt plötzlich über uns, macht uns das Leben schwer. Nur wenige können Langeweile – eine Zeit der Stille und des Nichtstuns ertragen. Untätigkeit ist schließlich in einer durch Leistung bestimmten Gesellschaft verpönt.
Langeweile – eine Kulturfrage
Zeit der Stille und des Nichtstuns genießen zu können, ist auch eine Kulturfrage.
In islamisch-arabischen Kulturkreisen wird Meditieren und Eindösen akzeptiert und sogar geschätzt. Während es in einer protestantischen Ethik ein strenges Gebot war, keine Zeit zu vergeuden.
Daher hat viele die westliche Erziehung derart geprägt, dass sie etwas tun und leisten müssen, um sich als wertvoll zu erleben.
Langeweile – ein Jobproblem
Menschen empfinden einen Job als langweilig, wenn es an Abwechslung und Entwicklungschancen mangelt. Wird die Arbeit als eintönig und nicht wirklich sinnvoll empfunden, werden die Stunden im Büro abgesessen, stellt sich keine Zufriedenheit ein.
Eine aktuelle Grafik der Statistikdatenbank Statista zeigt nun auf, dass Langeweile durchaus ein Berufsgruppenspezifisches Phänomen ist.
Rund 81 Prozent der juristischen Berufe gaben an, sich im Job zu langweilen. Dagegen rangieren in der Statistik die Berufsgruppen Bildung, Geschäftsführung und Forschung und Entwicklung auf den unteren Rängen. Dort scheint Langeweile nur 45 – 50 % der Menschen zu betreffen.
Die Umfrage bezog 1.300 Fachkräften aus zehn Ländern (u. a. Frankreich, Spanien, Großbritannien) ein.
Langeweile – ein Stressfaktor
Als handlungsbedürftiges und normalerweise reizüberflutetes Wesen im Westen kann sich durch ein zu viel an Zeit leicht innere Unruhe einstellen.
Eine nicht gefüllte, bzw. verplante Zeit wirft uns auf uns selbst zurück. Sich selbst, die Leere und Stille auszuhalten, kann gefühlsmäßig belasten.
Wer sogar in Phasen der Langeweile seine Existenz als sinnlos und ödes Dasein bewertet, neigt verstärkt zu Ängstlichkeit und Depression. Man beachte: Ein Boreout entwickelt ähnliche Symptome wie ein Burnout.
Eine Studie um den Psychologen Timothy Wilson von der US-amerikanischen University of Virginia aus dem Jahr 2014 machte eindrucksvoll deutlich, dass Langeweile als einer der größten Stressfaktoren gilt. (DOI: 10.1126/science.1250830)
Langeweile – Zeit der Stille und des Nichtstuns – eine Chance
Langeweile wirft Sinnfragen auf, denen wir uns nicht so gerne stellen. Doch genau darin besteht aus Sicht der Psychologie deren funktionelle, positive Seite.
Ein vorübergehender Leerlauf ermöglicht, den Kopf klar zu kriegen, Ziele und Verhalten in Ruhe zu überdenken und schützt davor, zu lange in eigentlich unerträglichen Situationen auszuharren.
Langeweile im Sinne von „Muße“ zu nutzen, gibt die Chance, freie Zeit kreativ und schöpferisch zu gestalten und sich zu erholen.
Endlich Zeit, um Hobbys und Interessen oder alte Freundschaften wieder aufzugreifen. Geschenkte Zeit zum Aufräumen und Ordnen und sich selbst neu erfinden.